(Stadtteilrundgang 6) Kreuzstraßenviertel

Du fragst dich, was das mit dem SST zu tun hat? Lies am besten zuerst den Text „(Stadtteilrundgang 1) Teaser“!

Architektur für die Nachbarschaft

Kurz vor dem Ende der DDR entstand mit 20 fünfschossigen Plattenbauten und über 1000 Wohnungen östlich des Leipziger Zentrums das Kreuzstraßenviertel. Wer von der nur wenige hundert Meter entfernten lebendigen Dresdner Straße in das Kreuzstraßenviertel einbiegt, merkt schnell, dass es hier beschaulicher zugeht.

Nach Ende des 2. Weltkrieges und der einhergehenden Zerstörung sah sich die DDR einem massiven Wohnungsproblem gegenübergestellt. Zusätzlich zum herkömmlichen Wohnungsbau stellten Plattenbauten mit ihrer schlichten, stabilen und günstigen Bauweise eine Möglichkeit dar, dem Wohnungsmangel schnellstmöglich entgegenzuwirken. Das staatliche Wohnungsbauprogramm der DDR im Jahr 1972 hatte zum Ziel bis 1990, den massiven Mangel an Wohnraum zu beseitigen. Der effiziente Bau der Plattenbauten eignete sich dafür besonders und verbreitete sich zunehmend.

Zur damaligen Zeit waren die damit entstandenen Wohnungen heiß begehrt, denn im Gegensatz zum unrenovierten und unpraktischen Altbau funktionierte alles Wesentliche und war verhältnismäßig modern. Abgesehen von der Praktikabilität der Plattenbauten sieht man außerdem auch heute noch im Kreuzstraßenviertel, dass die Siedlung schon baulich das nachbarschaftliche Miteinander fördert. In begrünten, offenen Innenhöfe mit Spielplätzen, Tischtennisplatten und Sitzmöglichkeiten können Kinder und Erwachsene der Nachbarschaft zusammenkommen und entspannen.

Heutzutage hat sich der Trend jedoch gewandelt. Altbauwohnungen, am besten renoviert, sind angesagt und „die Platte“ häufig regelrecht verpöhnt. Ohne Dielenboden, Erker und hohe Decken fällt ihr zumeist die Funktion zu, sogenannte Sozialwohnungen zu beherbergen und Wohnraum für weniger gut Verdienende zu bieten. Da sich ein Großteil der Leute die angesagten Altbauwohnungen schon jetzt nicht mehr leisten kann, lebt im Kreuzstraßenviertel eine bunte Mischung an bodenständigen Leuten, alte, junge, Familien, Rentner, … Wer sich darauf einlassen kann und der zunehmenden Anonymisierung mit Nachbarschaftlichkeit entgegentritt, wird schnell merken, dass zwischen den gleichförmig aussehenden Plattenbauten mehr Austausch stattfinden kann als auf der lebendigsten Hauptstraße.

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